Daniel Valent
Daniel, du bist einer der renommiertesten Schweizer Tennisspieler mit Collegetennis Vergangenheit. Erzähl uns etwas von dir, wann hast du mit Tennis angefangen und wie verlief deine Tenniskarriere? Was waren deine grössten Erfolge?
Ich habe sehr früh mit Tennis angefangen. Mit 2 Jahren habe ich schon den ersten Schläger in der Hand gehalten und gegen einen aufgehängten Ball geschlagen. Im Kindergarten fing ich an mit regelmässigem Schlagtraining, bis ich mit 12 Jahren meinen ersten Erfolg mit dem Erreichen des Halbfinals an der U12 Schweizermeisterschaft feiern konnte. Von diesem Moment begann ich 2-3x täglich zu trainieren. Meine grössten Erfolge waren:
- 4-maliger Schweizermeister (2x U14, 1x U16, 1xU18)
- 2009 U14 Halbfinal an den Nike Junior Tour Finals in Punta Cana
- 2013 Teilnahme am Turnier «Where Legends meet Talents»
- 2017 Gewinner des Ohio Valley Regional Turniers und somit Qualifikation für das Masters in Indian Wells
Das Thema Collegetennis haben wir bereits kurz angesprochen. Wo genau hast du studiert und für welches Universitätsteam hast du gespielt?
Ich habe für die Vanderbilt University gespielt, eine Universität in Nashville im Bundesstaat Tennessee. Wir haben als Division 1Team in der Southeastern Conference (SEC) zusammen mit Florida, Texas A&M, Louisiana State, Alabama, Tennessee, Arkansas, Mississippi State, Georgia, Kentucky, und South Carolina um den Titel gekämpft.
Was war deine Erwartung als du den Flug in die Staaten angetreten hast? Warst du überrascht von dem was du angetroffen hast oder hattest du bereits im Voraus die Möglichkeit die Universität zu besichtigen?
Ich war extrem nervös. Das war wie ein Neustart für mich in einem neuen Umfeld mit neuen Leuten. Ich habe mich aber auch gefreut, denn viele meiner Freunde, die College Tennis gespielt haben, sagten mir, dass ich die besten 4 Jahre vor mir haben werde. Ich hatte die Möglichkeit, einen Recruiting Trip zu machen. Ich besuchte die University of North Carolina, Wake Forest und Vanderbilt. Mir war sofort klar, dass ich nach Vanderbilt gehen wollte. Ich empfehle jedem angehenden College Spieler einen Recruiting Trip zu machen. Für mich war der Trip komplett kostenlos, die Universitäten haben den Flug und die Spesen bezahlt. Es war sehr hilfreich, mir vor Ort ein Bild von den Unis zu machen.
Wie muss man sich einen Tag als Athlet an einer Universität in den USA vorstellen? Wie kombiniert man den Sport mit dem Studium und was hast du eigentlich studiert?
Wenn man als Athlet erfolgreich sein will, dann braucht man gute Zeitmanagementfähigkeiten. Die Tage als Athlet sind meist lang, denn im Vergleich zu den normalen Studenten haben Athleten zusätzlich tägliches Tennis und Krafttraining. Danach warten noch Hausaufgaben und andere Pflichten, welche erledigt werden müssen. Man ist die ganze Zeit beschäftigt. Ich habe Molekular- und Zellbiologie studiert, mit einem Minor in Chemie. Es braucht definitiv viel Disziplin, um im Tennis und an der Universität erfolgreich zu sein. Aber man darf den sozialen Aspekt nicht vernachlässigen. Oft habe ich die Zeit mit Kollegen genutzt, um zusammen zu lernen.
Du hast mit deiner Universität in der höchsten NCAA Division gespielt. Was waren deine Eindrücke vom Tennislevel im College? Warst du überrascht von der Stärke der Spieler?
Das Level im Tennis war sehr hoch. Am Anfang war ich schon ein bisschen geschockt. Viele Spieler waren mir körperlich und mental überlegen. College Tennis ist schon etwas anders als Turniere in der Schweiz. Es ist viel intensiver und lauter während den Matches. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich und wird selbst besser. Ich habe dank der Zeit in den USA extreme Fortschritte im körperlichen und mentalen Bereich gemacht.
Machen wir einen Schritt zurück. Wie kam es, dass du den Weg in die USA in Betracht gezogen hast? Wie wurdest du auf Collegetennis aufmerksam?
Mein Kollege Karl Wishart, der an der University of North Carolina studiert hatte, hat mich als erstes auf College Tennis angesprochen. Das war im Jahre 2012, also 2 Jahre vor meiner Matura. Ich war sofort überzeugt von der Idee, in die USA zu gehen und dort an meinem English und meinem Tennis zu arbeiten. Somit begann ich viele ITF Juniorenturniere zu spielen, um in der Rangliste nach oben zu klettern. Ich wusste, dass die Coaches in den USA viel Wert auf ein gutes ITF Ranking legen. Mein bestes ITF Ranking war die Nummer 70 in der Welt bei den Junioren unter 18 Jahren. Auch deshalb haben mich viele Coaches via Facebook / E-Mail kontaktiert.
Wie ging es danach weiter? Wieviel Aufwand war es von der Idee bis hin zu deinem ersten Tag als Collegespieler? Hattest du dabei irgendwelche Unterstützung?
Es gab noch sehr viel zu tun. Die NCAA ist leider eine sehr umständliche und bürokratische Organisation. Ich musste viele Formulare ausfüllen und sämtliche Zeugnisse übersetzen und beglaubigen lassen. Zudem musste ich noch einen SAT und TOEFL Test machen. Es war eine stressige Zeit, denn ich hatte keine Unterstützung. Ich wusste nicht ob ich es richtig machte und es war sehr viel Aufwand.
Was ist deine beste Erinnerung an deine Zeit in den Vereinigten Staaten? Was war dein grösster sportlicher Erfolg als Collegespieler?
Das ist eine schwierige Frage, denn ich habe so viele großartige Erinnerungen! Aber die Ausflüge nach Los Angeles und New York mit dem Team waren schon der Höhepunkt. Neben dem Tennis gingen wir zusammen die Stadt erkunden. Mein grösster Erfolg war der Sieg am Ohio Valley Regional 2017. Ich habe mich gegen 127 andere Spieler durchgesetzt und ich spielte das beste Tennis meines Lebens an diesem Turnier.
Wie würdest du deine Zeit in den USA bewerten? Hat dir das Prinzip «College Sports» gefallen und würdest du es wieder machen?
Die Zeit in den USA war wunderschön. Wenn ich nochmals vor der Wahl stünde, würde ich ohne zu zögern wieder gehen. 4 Jahre College Tennis haben mich geprägt. Ich bin als Tennisspieler und persönlich gewachsen. Ich habe viele Freunde fürs Leben gefunden in den USA. Das Prinzip College Sports hat mir sehr gefallen, hauptsächlich weil es den Team Aspekt fördert. Tennis ist üblicherweise ein Einzelsport. Im College aber spielt man für ein Team. Ich war eng befreundet mit meinen Teamkameraden und auch mit meinen Coaches habe ich mich super verstanden.
Wem würdest du Collegetennis empfehlen? Was darf die Person erwarten? Und wenn du einen Tipp geben könntest, auf was sollte man besonders achten?
Jedem Tennisspieler, der eine gute Arbeitsmoral hat und bereit ist, etwas Neues zu wagen, dem empfehle ich College Tennis. Es ist wirklich die beste Kombination von Universität und Sport. Man kann Tennis auf einem Top Niveau spielen und gleichzeitig an einer guten Universität studieren. Es gibt so viele Vorteile, die einem für den Rest des Lebens helfen werden. Jeder, der die Möglichkeit hat, College Tennis zu spielen, sollte diese Chance packen. Und wer will, kann danach noch auf die Profi Tour gehen. Es stehen einem alle Türe offen nach dem College Abschluss.
Daniel, wir danken dir ganz herzlich für deine spannenden Eindrücke und wünschen dir viel Erfolg für deine Zukunft. Wir sind gespannt, wo es dich hinzieht und hoffen, dass wir dich auch weiterhin auf den Schweizer Tennisplätzen antreffen werden.